Schwäbisch für Besserwisser

Vom Un zum Ooz

Ein Phänomen, das jedoch auf den Osten Württembergs beschränkt zu sein scheint, ist die Vorsilbe ooz-. Hier ist der Depp ein Oozdepp, und alles, was gut ist, ist oozgeil.

Ooz- ist ein Superlativ, im Guten wie im Schlechten. Diese Vorsilbe ist oozpraktisch, erlaubt sie doch mit geringstem verbalen Aufwand sowohl Schimpfwörter zu potenzieren wie auch Anerkennung und Bewunderung ins schier Unermessliche zu steigern. So kann ein Oozseggel eine ooznette Frau haben, was wiederum das Umfeld, zumindest das männliche, ooz fruschdrierd.

Es scheint sich bei diesem Ooz- um eine regionale Besonderheit des östlichen Landesteils zu handeln. Wie nicht representative Befragungen ergeben, ist es von Ulm bis Aalen gebräuchlich, während man es in Oberschwaben nicht mehr zu kennen scheint. Das phänomenale an der Power-Silbe ooz- ist, dass sie, obwohl eindeutig der Mundart entsprungen, auch von -vorwiegend jungen- Leuten gebraucht wird, die keine Mundart sprechen.

Vor allem die Jugend der Ooz-Region weiß ooz- oozmäßig zu schätzen. Ihr Lieblingslob lautet oozgeil, was ein Non-plus-ultra ausdrückt, daskeine Steigerungen zulässt. Die Elterngeneration sagte anstatt oozgeil noch oozkähl. Doch die Ablösung von kähl durch geil ist ein anderes Thema.

Ooz- kann nicht nur mit Haupt- und Eigenschaftswörtern kombiniert werden, sondern auch mit Verben: "Dem sei oozdomms G'schwätz hot me ooz aufg'regt." In diesem Fall dient die Häufigkeit des der verwendeten ooz- auch als Gradmesser des Erregungszustandes.

Man kann ooz- bis zu einem gewissen Grad mit neuschwäbisch subber übersetzen: Subberseggel, subbernett, subber aufg'regt. Aber im Gegensatz zu dieser internationalen Allerwelts-Vokabel kann ooz- nicht alleine stehen: "Des isch ooz", geht auf gar keinen Fall.

Woher kommt diese Partikel? Hier stoßen wir auf das nächste Phänomen: Ooz- ist in keinem Lexikon vermerkt, auch nicht in Fischers Schwäbischem Wörterbuch. Das deutet darauf hin, dass es noch ziemlich jung ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt es von der Vorsilbe un- ab, die neben ihrer verneinenden auch eine verstärkende Funktion hat: ein Un-trumm ist ein riesiges Trumm: ein Ooz-trumm. Allerdings wird das Un- im Schwäbischen nasaliert: Statt Un-trumm sagt mann U- oder Oo-trumm.

Nicht nur im Schwäbischen dient un- als Intensivum mit verstärkender Bedeutung. Doch haben die Schwaben es geschafft, das un (u, oo) von der Vorsilbe zur selbständigen Vokabel zu emanzipieren. Fischer zitiert als Beispiel: "I hau muesse oo springe." Genau so gut könnte es heißen "ooz springe".

Mithin ist das un und ooz austauschbar. Das -z mag als "Gleitmittel" hinzugefügt worden sein wie das s- im "Friedhofsamt". In jedem Fall schafft es klare Verhältnisse, indem es Missverständnissen vorbeugt. Schließlich ist oozcool etwas völlig anderes als uncool.

Von Henning Petershagen

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